- Ein Drittel der Lehrer hält Ausstattung nur für mittelmäßig
- Jeder zweite würde gerne häufiger elektronische Medien nutzen
- 79 Prozent fordern mehr Weiterbildung
Elektronische Medien sind in deutschen Schulen weit verbreitet und werden im Unterricht nach Möglichkeit auch eingesetzt. Die Lehrer stehen neuen Medien im Unterricht außerordentlich positiv gegenüber. Gleichzeitig beklagen sie eine mittelmäßige Qualität der Ausstattung und fordern mehr Weiterbildung. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Befragung von 502 Lehrern der Sekundarstufe I im Auftrag des Hightech-Verbands BITKOM, die heute in Berlin vorgestellt wurde. „Seit unserer letzten Studie vor drei Jahren hat sich viel bewegt. In unseren Schulen verabschieden wir uns allmählich von der Kreidezeit, aber von der Digitalen Schule und vernetztem Lernen sind wir noch weit entfernt“, sagte BITKOM-Präsident Prof. Dieter Kempf. „Wir brauchen eine Digitale Agenda für unsere Schulen. Wir müssen die Ausstattung verbessern, die Weiterbildung vorantreiben und den Unterricht auf die Anforderungen der digitalen Welt ausrichten.“
Zur Grundausstattung fast aller Schulen gehören heute PC und Notebook (99 bzw. 89 Prozent), Beamer (98 Prozent) oder auch digitale Foto- und Videokameras (91 Prozent). 83 Prozent der Lehrer geben an, dass es an ihrer Schule spezielle Lernprogramme gibt, 80 Prozent können ein Schulnetzwerk nutzen, etwa für den Zugriff auf Unterrichtsmaterialien. Und 6 von 10 Lehrern berichten, dass es interaktive Whiteboards oder Smartboards, also digitale Tafeln, an ihrer Schule gibt. Wenig verbreitet sind hingegen Tablet Computer (18 Prozent) oder E-Book-Reader (4 Prozent). Das Internet können alle Lehrer im Unterricht nutzen. Zwei Drittel (65 Prozent) in speziellen Räumen, rund jeder zweite (46 Prozent) sogar in allen Schulräumen. „Web-Recherchen und netzbasierte Lernangebote haben so erstmals die Chance, ein selbstverständlicher Teil des Unterrichts zu werden“, so Kempf. Mehr als ein Drittel der Lehrer (36 Prozent) hält die vorhandene Ausstattung allerdings nur für mittelmäßig. Viele Lehrer bringen deshalb ihr privates Notebook (57 Prozent), den eigenen Tablet Computer (23 Prozent) oder ihre Digitalkamera (19 Prozent) mit in die Schule.
Die schulischen und privaten Geräte werden im Unterricht häufig eingesetzt. 84 Prozent der Lehrer geben an, regelmäßig einen Beamer zu nutzen, mehr als ein Drittel sogar an allen Unterrichtstagen. Zwei Drittel der Lehrer (64 Prozent) setzen regelmäßig einen PC ein. Mehr als jeder zweite Lehrer (52 Prozent) nutzt zudem Smartboards regelmäßig. „Dort, wo interaktive Tafeln und andere hochwertige Geräte angeschafft wurden, werden sie auch genutzt“, resümiert Kempf. „Das sollte Ansporn sein, digitale Tafeln flächendeckend zu installieren.“
Rund die Hälfte der Lehrer (47 Prozent) würde gerne häufiger elektronische Medien nutzen. Fast jeder Zweite (45 Prozent), der auf den Einsatz im Unterricht ab und an verzichtet, sagt, dies liege an fehlenden Geräten. Jeder Fünfte (21 Prozent) sorgt sich, dass die Technik versagt und 14 Prozent geben an, dass die eigenen Technikkenntnisse nicht ausreichen. Zugleich haben aber 40 Prozent der Lehrkräfte in den vergangenen drei Jahren keine entsprechende Fortbildung besucht.
Grundsätzlich stehen 66 Prozent der Lehrer dem Einsatz elektronischer Medien im Unterricht positiv gegenüber, 29 Prozent eher positiv. Nur 5 Prozent sind negativ eingestellt. Vor drei Jahren lag die Ablehnung noch bei 23 Prozent, nur 13 Prozent äußerten sich damals eindeutig positiv. Für die eigene Unterrichtsvorbereitung nutzen 93 Prozent der Lehrer regelmäßig einen Computer, 53 Prozent sogar für jeden Unterrichtstag. Vor drei Jahren nutzten erst 12 Prozent den PC täglich.
Jeweils mehr als zwei Drittel aller Lehrer wünschen sich von ihrer Schule mehr Qualifizierungsangebote (79 Prozent) und bessere digitale Lernmaterialien (70 Prozent). Eine bessere Ausstattung mit elektronischen Medien steht ebenfalls auf der Wunschliste wie technischer Support vor Ort (je 69 Prozent). Auch die Schulpolitik muss nach Ansicht der Lehrer ihre Hausaufgaben machen. Mehr Medienkompetenz im Lehrplan wird ebenso gewünscht (89 Prozent) wie elektronische Medien als Ergänzung zu den Schulbüchern (85 Prozent), die bundeslandübergreifenden einheitlichen Standards genügen sollten (82 Prozent). Fast drei Viertel aller Lehrer (73 Prozent) unterstützen die Forderung nach einem Pflichtfach Informatik. 70 Prozent der Lehrer wünschen sich mehr Zuständigkeiten für den Bund in der Bildungspolitik.
Vor diesem Hintergrund fordert der BITKOM eine Digitale Agenda für die Schule. Sie solle u.a. den Aufbau eines intelligenten Schulnetzes für Deutschland vorsehen. Jeder Schüler solle ein mobiles Endgerät wie einen Tablet Computer oder ein Notebook zur Verfügung haben, in jedes Klassenzimmer gehöre ein Smartboard. „Aber wir müssen nicht nur in Hardware investieren, sondern auch in Köpfe“, so Kempf. Entscheidend seien systematische und verbindliche Weiterbildungsangebote für alle Lehrer. Eine verstärkte Kooperation von Wirtschaft und Schule könne Lehrer zusätzlich unterstützen. Kempf: „Initiativen wie erlebe IT haben sich in den vergangenen Jahren hervorragend entwickelt und sollten ausgebaut werden.“
Die Vermittlung von Medienkompetenz sollte laut den BITKOM-Vorschlägen fächerübergreifend ab der Grundschule im Lehrplan verankert werden. In der Sekundarstufe I solle Informatik als Pflichtfach eingeführt werden. „Es geht nicht um die Ausbildung von Programmieren. Wir müssen unsere Kinder mit den Kulturtechnologien vertraut machen, die unser Leben prägen“, so Kempf. Gleichzeit sollten E-Books und andere digitale Lernmitteln verstärkt genutzt werden. „Ein ,Digitaler Ranzen‘ würde nicht nur das Gewicht reduzieren, das schon unsere Kleinsten in die Schule schleppen müssen. Ein Digitaler Ranzen würde das Lernen auch aktueller, motivierender und individueller gestalten“, sagte Kempf.
Hinweis zur Methodik: Bitkom Research hat in Zusammenarbeit mit dem Meinungsforschungsinstitut Aris im Auftrag des BITKOM bundesweit 502 Lehrer der Sekundarstufe I in Hauptschulen, Schulen mit mehreren Bildungsgängen, Realschulen, Gesamtschulen und Gymnasien befragt. Die Befragung ist repräsentativ.