■ Bitkom-Studie: Jeder vierte liest digitale Bücher – wie in den beiden Vorjahren
■ Angleichung der Mehrwertsteuer könnte dem Markt neue Impulse geben
■ Leser informieren sich im Internet und nutzen automatisierte Empfehlungen
Die Nutzung von E-Books kommt in Deutschland nicht von der Stelle. Im laufenden Jahr liest ein Viertel (24 Prozent) aller Bundesbürger digitale Bücher. Im Vergleich zu den beiden Vorjahren ist der Anteil der E-Book-Leser an der Gesamtbevölkerung damit nahezu konstant geblieben. Das geht aus einer repräsentativen Umfrage unter 2.171 Personen ab 14 Jahren im Auftrag des Digitalverbands Bitkom hervor. Demnach lesen vor allem die Jüngeren digitale Bücher: 36 Prozent der 14- bis 29-Jährigen nutzen E-Books. Unter den 30- bis 49-Jährigen sind es 30 Prozent und unter den 50- bis 64-Jährigen 23 Prozent. In der Altersgruppe ab 65 Jahren liegt der Anteil der E-Book-Nutzer nur bei 7 Prozent. „Die Nutzung digitaler Bücher in Deutschland stagniert – trotz innovativer Nutzungsmodelle und einer steigenden Verbreitung mobiler Lesegeräte“, sagte Bitkom-Vizepräsident Achim Berg im Vorfeld der Frankfurter Buchmesse. „Der E-Book-Markt braucht neue Impulse, um wieder in Fahrt zu kommen.“ So könnte die Angleichung der Mehrwertsteuersätze für E-Books und gedruckte Bücher den Verlagen mehr Spielraum bei der Preisgestaltung geben.
In Deutschland sind E-Books in der Regel nur geringfügig kostengünstiger als gedruckte Ausgaben. Das liegt zum einen an der Buchpreisbindung, die den Preiswettbewerb unter den Buchhändlern stark einschränkt. Ein weiterer Grund für die relativ hohen E-Book-Preise ist die Ungleichbehandlung bei der Mehrwertsteuer. Die Steuer für E-Books liegt bei 19 Prozent, während auf gedruckte Bücher der ermäßigte Steuersatz von 7 Prozent fällig wird. „Die Angleichung der Mehrwertsteuersätze von gedruckten und digitalen Büchern ist seit Jahren überfällig“, sagte Berg. Eine Gleichbehandlung fordert auch die große Mehrheit der Bundesbürger: 85 Prozent aller Befragten befürworten, die Mehrwertsteuer bei E-Books auf den ermäßigten Satz abzusenken. Berg: „Die Voraussetzungen dafür müssen jetzt in Brüssel im Rahmen der aktuellen Mehrwertsteuerreform geschaffen werden.“ Allerdings entscheidet nicht allein der Preis darüber, ob jemand gedruckte oder digitale Bücher liest. Gut die Hälfte (55 Prozent) der Nichtnutzer von E-Books sagen, dass sie die sinnliche Wahrnehmung von gedruckten Büchern bevorzugen. „Vielen Menschen ist es beim Lesen immer noch wichtig, ein gedrucktes Buch in der Hand zu halten und darin zu blättern“, sagte Berg. 44 Prozent geben an, dass sie nicht auf einem Bildschirm lesen wollen. Jedem Dritten (38 Prozent) sind die Lesegeräte zu teuer und jedem Vierten (25 Prozent) ist die Nutzung zu kompliziert.
Nach den Ergebnissen der Studie sind in diesem Jahr erstmals E-Reader das bevorzugte Lesegerät. 46 Prozent der E-Book-Leser nutzen Geräte wie Kindle, Tolino oder Kobo. „E-Reader sind kostengünstig, leicht, bieten ein kontrastreiches Bild und laufen mehrere Wochen oder sogar Monate“, sagte Berg. Generell werden primär Mobilgeräte eingesetzt: 41 Prozent lesen E-Books auf dem Smartphone und 24 Prozent auf einem Tablet Computer. Dabei geht der Trend zum synchronen Lesen. Laut Umfrage liest fast jeder vierte E-Book-Nutzer (23 Prozent) digitale Bücher auf mehreren Geräten parallel (Vorjahr: 18 Prozent). „Synchrones Lesen ist möglich, weil Inhalte und Einstellungen wie Schriftgröße oder Lesezeichen in der Cloud gespeichert und automatisch synchronisiert werden“, sagte Berg.
In der Regel kaufen die Nutzer einzelne E-Books bei Online-Buchshops wie Amazon, ebook.de, Thalia.de oder buch.de (86 Prozent). Jeder Vierte (27 Prozent) leiht sich E-Books bei öffentlichen Bibliotheken aus. Daneben gewinnen kommerzielle Flatrate-Modelle an Bedeutung. Bei Anbietern wie Skoobe oder Kindle Unlimited zahlen die Kunden eine monatliche Pauschale und haben Zugriff auf eine große Auswahl an Büchern. 13 Prozent der befragten E-Book-Leser nutzen einen solchen Abo-Dienst. Ebenso viele (14 Prozent) nutzen kostenlose, frei verfügbare E-Books. 6 Prozent der Befragten zahlen pro Seite, was vor allem bei wissenschaftlichen Publikationen von Bedeutung ist.
Deutlich verändert hat sich das Informationsverhalten vieler Leser. Das zeigt ein Drei-Jahresvergleich zu der Frage, wie Bücher-Fans auf neue Romane, Sachbücher oder sonstige Literatur online oder auf klassischen Wegen aufmerksam werden. Die Basis sind hier alle Leser von gedruckten oder elektronischen Büchern, die das Internet nutzen. An der Spitze stehen mit 74 Prozent die Empfehlungen von Freunden oder der Familie (2013: 68 Prozent). Das Stöbern im Buchladen mit aktuell 54 Prozent und Buch-Rezensionen in klassischen Medien mit 27 Prozent konnten ebenfalls zulegen. Dagegen haben die Kaufempfehlungen von Buchhändlern an Bedeutung eingebüßt: 16 Prozent der Befragten verlassen sich heute noch auf ihren Buchhändler, im Jahr 2013 waren es noch 29 Prozent. Einen großen Sprung hat das „Stöbern im Internet“ gemacht, von 21 Prozent im Jahr 2013 auf aktuell 55 Prozent. Stark zugelegt haben die automatisierten Empfehlungen in Online-Shops, die aus den eigenen Käufen der Vergangenheit generiert werden oder sich daran orientieren, was andere Kunden in einem ähnlichen Kontext bestellt haben: 38 Prozent lassen sich von Online-Empfehlungen inspirieren (2013: 27 Prozent). Wichtiger sind auch Beiträge in sozialen Netzwerken geworden. 18 Prozent bekommen Hinweise bei Facebook und Co., vor drei Jahren waren es 11 Prozent. Berg: „Das Internet hat sich für alle Leser als zentrale Informationsquelle für Literatur und Sachbücher etabliert.“
Nach Einschätzung des Bitkom braucht der Markt für E-Books neue Impulse. „Die Verlage haben schon viel für die Verbreitung digitaler Bücher getan. Trotzdem ist die Schwelle für viele Leser immer noch groß, dieses Medium auszuprobieren“, sagte Berg. Es sei wichtig, dass mehr Menschen auf digitalen Wegen Zugang zu interessanten, hochwertigen Inhalten bekommen. Die Verlage sollten die Kostenvorteile von E-Books konsequenter an die Kunden weitergeben, um Kaufanreize zu schaffen. Das könnte durch eine Angleichung der Mehrwertsteuersätze zusätzlich befördert werden. Die Verlage sollten darüber hinaus mehr in die Inhalte investieren. „Es reicht nicht aus, gedruckte Bücher eins zu eins in ein digitales Format zu übertragen“, sagte Berg. „Die Verlage sind in der Lage, Inhalte zu strukturieren und für bestimmte Zielgruppen aufzubereiten – ein unschätzbarer Vorteil in den Informationsfluten des Internet.“ Diese Chance sollten die Verlage nutzen. Berg: „Wenn am Ende kein einfaches E-Book, sondern eine benutzerfreundliche, interaktive App oder Webanwendung steht, werden sich dafür erst Recht Käufer finden.“