Wie sich die „neue Realität“ auf den eLearning-Markt auswirkt und wie Unternehmen künftig Weiterbildungen nachhaltig organisieren, erläutert im Folgenden Anton Bollen, Experte für eLearning-Konzepte und Video-Schulungen bei TechSmith:
„Egal ob Videokonferenzen, Onlineshopping oder Distance Learning: Seit Beginn der Corona-Pandemie ist die Akzeptanz für digitale Lösungen in nahezu allen Lebensbereichen enorm gestiegen. In Zeiten von Homeoffice ermöglichen unkomplizierte Tools die teamübergreifende Zusammenarbeit und damit die Betriebskontinuität sowie das Erschließen neuer Geschäftsfelder. Auch im Schul- und Bildungswesen hat sich die Wissensvermittlung während der Pandemie fast ausschließlich in den virtuellen Raum verlagert. Ich sehe dabei fünf eLearning-Trends für dieses Jahr:
1. Langfristige Planung und gestiegene Ansprüche
Zu Beginn der Coronakrise wurden zahlreiche Arbeitsprozesse, allen voran die Kommunikation und Zusammenarbeit, mehr oder weniger zwangsdigitalisiert. Die anfangs noch reaktiv motivierte Anpassung von Unternehmen und Institutionen an die gegebenen Umstände ist inzwischen einem vergleichsweise souveränen Umgang mit entsprechenden Technologien gewichen: Viele Investitionen haben sich bewährt und Unternehmen sind nun eher bereit, in vielversprechende Tools zu investieren – das gilt auch und gerade für das Thema eLearning. Dabei sind die Ansprüche gestiegen, Mitarbeiter sind immer mehr dran gewöhnt, digitale Angebote zu nutzen, und die Maßnahmen werden mit Weitsicht geplant.
2. Individuell und persönlich: Selbstgesteuertes Lernen
Individualisiertes Lernen ist ein Trend der uns bereits seit einigen Jahren begleitet. Die Pandemie beschleunigt das Entstehen von immer umfangreicheren, speziell auf die Anwender zugeschnittenen Learning Experience Platforms (LXP), die die klassischen Learning Management Systeme (LMS) mehr und mehr ablösen. Im Fokus steht die umfassende, individuell auf den Nutzer zugeschnittene Lernerfahrung, die dem Lernenden ein hohes Maß an Freiheit und Eigenverantwortung über den Lernprozess zugesteht. Zur Orientierung und für Rückfragen stehen dabei in der Regel digitale Lernbegleiter zur Verfügung.
3. Ende der Einbahnstraße: Performance Support wird interaktiver
Der Trend in Richtung Performance Support – also die bedarfsbezogene, unkomplizierte Bereitstellung von Arbeitshilfen, Anleitungen und Tools für Mitarbeiter während des Arbeitsprozesses – ist durch die anhaltende Remote-Arbeit deutlich gestiegen: Im Homeoffice sind schnelle Absprachen und Fragen an die Kollegen nur begrenzt möglich, gefragt ist ein hohes Maß an Eigenständigkeit. Gleichzeitig entsteht durch die Isolation ein zunehmendes Bedürfnis nach Austausch und Interaktion. Viel stärker als vorher geht es um Zusammenarbeit und das gemeinsame Erreichen von Zielen trotz Distanz. Für Performance Support bedeutet das, dass Mitarbeiter nicht nur Informationen abrufen und „konsumieren“, sondern ihr eigenes Fachwissen in remote-tauglicher Weise mit Kollegen teilen – beispielsweise durch eigene Kurzvideos, Aufzeichnungen und Anleitungen, die mit entsprechenden Tools schnell erstellt und über eine standardisierte Plattform geteilt werden können.
4. Mehr Flexibilität: Mobile First!
Bis vor nicht allzu langer Zeit wurden eLearning-Inhalte in erster Linie für die Verwendung an Desktop-PCs konzipiert und konnten nach Bedarf für mobile Endgeräte angepasst werden. Dieses Muster hat sich zwischenzeitlich stark verschoben: eLearning-Inhalte werden direkt für die Anwendung auf Mobilgeräten entwickelt und optimiert, Desktop-PCs spielen eine zunehmend untergeordnete Rolle. In einer aktuellen britischen Studie gab mehr als die Hälfte der Befragten an, auch nach dem Lockdown dauerhaft im Homeoffice arbeiten zu wollen. Daraus lässt sich ableiten, dass flexible Arbeitsformen unsere Arbeitswelt sehr nachdrücklich prägen werden, sodass ein hochwertiges mobiles Erlebnis auch und vor allem beim Lernen in Zukunft entscheidend ist.
5. „Teach the Teacher“ als Grundlage für erfolgreiche Onlinekurse
Gerade im schulischen Bereich haben die Defizite der vergangenen Monate gezeigt, dass nicht jeder Bildungsbeauftragte automatisch über die technischen Kenntnisse und das notwendige Gespür für die besonderen Herausforderungen beim Distanzunterricht verfügt. Selbst die beste technische Infrastruktur ist noch kein Garant für guten Distanzunterricht, wenn es letztlich an der Digitalkompetenz der Lehrenden mangelt. Der Bedarf an speziellen Programmen und Kursen, die sich an Angestellte im Bildungswesen richten und sie in der Nutzung digitaler Medien für den Unterricht schulen, wird in den nächsten Monaten entsprechend stark zunehmen.”