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LOG IN: 17 (1997) Heft 2

Vernetzte Schulen

Technische Grundlagen und Möglichkeiten lokaler und weltweiter Vernetzungen

von Bernhard Koerber


Seitdem die ersten technischen Empfehlungen zum Einsatz von Computern in der Schule herausgegeben worden sind, hat sich gezeigt, daß sie zumeist bei ihrem Erscheinen schon überholt waren – vor allem dann, wenn ihre Aussagen den engen finanziellen Gesichtspunkten der Schulträger genügen mußten. Jedoch ist nicht jede technische Neuerung auch für die Schule von Bedeutung. Deshalb ist es notwendig, einerseits pädagogische Anforderungen zum Computereinsatz zu formulieren, aber andererseits sich auch über die generellen Tendenzen der technischen Entwicklung zu informieren. Der vorliegende Beitrag faßt die technischen Entwicklungen zusammen; die nachfolgenden Beiträge gehen auf pädagogische Anforderungen ein.


Grundlagen eines Netzes

Komponenten eines LAN

Basis der Entwicklung lokaler Rechner-Netzwerke (LAN = Local Area Network) war der Wunsch, mehrere Einzelplatz-PCs miteinander zu verbinden, so daß mit ihnen untereinander Informationen ausgetauscht und von verschiedenen Personen zugleich am selben Problem gearbeitet werden kann. Um dies realisieren zu können, muß ein LAN mindestens aus folgenden technischen Komponenten bestehen:

  • mehreren Arbeitsplatz-PCs („Clients“), die jeweils mit Netzwerk-Hardware (d.h. einer Netzwerk-Schnittstellenkarte, über die der PC mit den Netzwerkkabeln verbunden wird) und Client-Software (d.h. der Software, mit der die aktuell benötigten Festplatten, Datei-Verzeichnisse und peripheren Geräte zugewiesen werden) ausgestattet sind,
  • einem Computer, der die Festplatten mit den gemeinsam zu nutzenden Dateien enthält („Fileserver“),
  • die Netzwerkkabel und Kabelstecker, mit denen die einzelnen Geräte untereinander verbunden werden,
  • ggf. ein Netzwerkgerät, mit dem der Zugriff von allen Arbeitsplätzen auf gemeinsame Peripheriegeräte erlaubt wird und das die zum Anschluß von Drukkern („Druckerserver“), Modems oder anderen Geräten erforderlichen parallelen oder seriellen Schnittstellen bereitstellt,
  • ein Netzwerkbetriebssystem, das zum logischen Verwalten der Ressourcen und der angeschlossenen Arbeitsplatz-PCs benötigt wird und im allgemeinen auf dem Fileserver implementiert ist.

Vom LAN übers MAN zum WAN

LANs sind auf einen Raum, ein Haus oder ein kleineres Betriebsgelände begrenzt. Doch der Austausch von Daten ist international. Deshalb sind mittlerweile Architekturen von Rechnernetzen entstanden, die über die engen Grenzen eines LAN hinausführen, z.B.:

  • MAN (Metropolitan Area Network), ein Netzwerk, das auf eine Stadt oder eine kleine Region begrenzt ist.
  • WAN (Wide Area Network), ein Netzwerk, bei dem Rechner über größere, sogar erdumspannende Entfernungen miteinander verbunden sind.

Für schulische Anwendungen ist mittlerweile interessant geworden, solche regionalen oder gar weltweiten Strukturen zu nutzen, d.h. über das schulische LAN auf diese anderen Strukturen zugreifen zu können. Davon soll im folgenden vor allem die Rede sein.

Daten als Pakete

Rechnernetze unterscheiden sich gewaltig, sowohl in der Anzahl der darin miteinander verbundenen Rechner als auch in den geografischen Entfernungen, die mit ihnen überbrückt werden. Obwohl es viele Netzwerkarchitekturen gibt, die für die verschiedenen Computerkonfigurationen geeignet sind, haben sie doch alle ein gemeinsames Merkmal: die Übertragung von Daten mittels Paketen.

Daten, die von einem Rechner zu einem anderen geschickt werden sollen, können von ganz unterschiedlicher Struktur und Länge sein. Probleme, die bei der Übertragung auftreten können, sind:

  • Wenn lange Nachrichten in einem Stück von der Quelle zum Bestimmungsort über das Netzwerk geschickt werden sollen, kann es passieren, daß eine kurze Nachricht, die auch übertragen werden soll, eine unakzeptable lange Zeitspanne blockiert wird.
  • Darüber hinaus können während der Datenübertragung von einem Ort zum anderen Fehler auftreten – ausgelöst durch eine Vielzahl von Faktoren, wie z.B. Unwetter mit elektrischen Störungen oder Interferenzen von nahegelegenen Maschinen.

Je länger die Nachricht ist, desto größer ist auch die Gefahr, daß sie bei der Übertragung fehlerhaft wird. Deshalb werden Nachrichten in kleine Abschnitte, Pakete, unterteilt, die unabhängig voneinander übertragen werden können. Geregelt wird diese Datenübertragung durch sogenannte „Kommunikationsprotokolle“, d.h. durch Regeln und Konventionen, mit denen die Datenformate und die Art der Datenübertragung verbindlich festgelegt werden.

OSI als Grundlage für den Datenaustausch

Damit der Datenaustausch zwischen den Rechnern verschiedener Hersteller fehlerfrei möglich wird, wurde Mitte der siebziger Jahre von der ISO (International Standards Organization, Internationale Organisation für Standards) ein Komitee gegründet, das eine weltweite Kommunikationsarchitektur entwickeln sollte. Das Modell der OSI (Open System Interconnection, Zusammenschluß offener Systeme) wurde 1980 fertiggestellt und 1983 von der ISO in Europa sowie vom IEEE-Verband (Institute of Electrical and Electronic Engineers, Institut der Elektro- und Elektronikingenieure) in den USA zugelassen. Das OSI-Modell ist die Grundlage für die meisten modernen Kommunikationsprotokolle verschiedener Hersteller.

Im OSI-Modell werden sieben Schichten („Layer“) definiert, wobei jede Schicht nur mit der benachbarten kommunizieren soll (also z.B. „Transport“ mit „Kommunikation“ und „Netzwerk“):

  • Anwendung
  • Darstellung
  • Kommunikation
  • Transport
  • Netzwerk
  • Sicherung
  • Physikalische Ebene.

Jede Schicht übernimmt jedoch nur Funktionen, die von allen anderen Schichten einschließlich der benachbarten verschieden sind. Damit können Kommunikationssysteme unterteilt und die spezifischen Probleme in den Schichten funktional gelöst werden. So ist das Kommunikationssystem in seiner gesamten Komplexität eine Abfolge einfacher Prozeduren (Stichwort: „schrittweise Verfeinerung“). Die Schichten „Anwendung“, „Darstellung“, „Kommunikation“ und „Transport“ bilden den Hostanteil des OSI-Modells, d.h. diese Funktionen sind z.B. in allen Fileservern vorhanden. Die drei unteren Schichten („Netzwerk“, „Sicherung“ und „Physikalische Ebene“) sind für den Versand von Nachrichten über das Netzwerk verantwortlich. Sie sorgen für die physikalische Zustellung der Information und sind im allgemeinen in der Netzwerk-Schnittstellenkarte untergebracht.

Protokolle

In lokalen Netzen ist gegenwärtig vor allem das EtherNet-Protokoll das meistbenutzte Kommunikationsprotokoll. Dabei können mehrere Nachrichten zugleich im Netz zu unterschiedlichen Zielen unterwegs sein. Die zu übermittelnden Daten werden nicht mit einer Priorität versehen, es gilt vielmehr der Grundsatz „Wer zuerst kommt, mahlt zuerst“.

Das TCP/IP (Transfer Control Protocol/Internet Protocol) ist die Grundlage für die Kommunikation zwischen verschiedenen Netzwerken.


Vom LAN zum WAN in der Schule

Vom Einzelplatz zum Netz

Vor- und Nachteile

Nicht nur in Wirtschaft und Industrie ist die Zeit der einzelnen Arbeitsplatz-Rechner vorbei, sondern auch in Schulen sind mittlerweile immer häufiger lokale Rechner-Netzwerke zu finden. Sie haben dort mindestens zwei Vorteile:

  • Zum einen sind vernetzte Computer aufgrund des Teilens der Ressourcen – z.B. Drucker, Datenbestände, Anwendungen – kostengünstiger zu betreiben als einzelne, unverbunden aufgestellte PCs.
  • Zum anderen ist Unterricht mit Computereinsatz unkomplizierter über ein lokales Netz vorzubereiten und durchzuführen, und zwar aufgrund der einheitlichen Struktur der einzelnen Arbeitsplätze und des Zugriffs auf gemeinsame Informationsquellen.

Zwei Argumente, die bisher als Nachteil empfunden wurden, verlieren dagegen immer mehr an Bedeutung:

  • Der Betrieb eines lokalen Netzwerks erweist sich – bei korrekter Einrichtung des Netzes – als nahezu zusammenbruchs- und ausfallfrei.
  • Die Handhabung der Netzwerk-Betriebssysteme gestaltet sich zunehmend einfacher.

Allerdings sollte eines nicht vergessen werden: Diejenigen Kolleginnen oder Kollegen, die an einer Schule ein lokales Netzwerk einrichten und betreuen, müssen über ihre übliche Arbeit hinaus eine sehr hohe Eigenmotivation und ein sehr großes Engagement aufbringen, was nicht selbstverständlich ist. Bildungspolitiker und Schulträger reden gern über die Notwendigkeit der informationstechnischen Bildung in der Schule; sie sollten deshalb auch über – entsprechend bei anderen zusätzlichen Tätigkeiten von Lehrkräften – eine Reduzierung des Stundendeputats von denjenigen nachdenken, die solche Arbeit auf sich nehmen.

Innerhaus-Vernetzung

Doch mittlerweile werden Computer in der Schule nicht mehr nur in einem geschlossenen Raum für den Informatikunterricht eingesetzt, sondern mehr und mehr in den Fachunterricht integriert. Wenig sinnvoll ist es deshalb, mit dem gesamten Klassen- oder Kursverband in den Computerraum zu gehen, wenn z.B. im Deutschunterricht eine kurze Literaturrecherche über einen PC durchgeführt werden soll. Geschlossene Räume haben seit jeher den Einsatz der in ihnen vorzufindenden Geräte als normales Medium im Unterricht verhindert. Daher wird seit einiger Zeit die Idee der „Medienecke“ in jedem Klassenraum vertreten. In einer Medienecke soll dann auch ein Computer vorzufinden sein. Das bedeutet aber, daß möglicherweise in den Fach- und in den Klassenräumen andere Computersysteme stehen als im Computerraum selbst, was den Kosten- und Wartungsaufwand wiederum erhöht. Längerfristig sind deshalb Innerhaus-Vernetzungen – d.h. Leitungen für den Anschluß von Computern in nahezu jedem Raum – eine Lösung, um dieses Problem aufzufangen. Dabei können dann sogar tragbare Computer benutzt werden, die einfach nur „angedockt“ werden müssen. Bei Schulneubauten und vor allem -renovierungen ergeben sich bereits Möglichkeiten, Planungen dieser Art durchzusetzen.

Aktuell deutet sich eine andere Möglichkeit an: drahtlose LANs. Seit kurzem sind Versuche erfolgreich, die einzelnen Arbeitsplatz-PCs vom Kabel-Netzwerk zu trennen und mit Hilfe von Miniatursendern und -empfängern ein virtuelles Netzwerk aufzubauen. Laptops oder weit voneinander entfernt stehende Computer bleiben an ihrem Netzwerk logisch angeschlossen und tauschen Daten, Informationen und andere LAN-Ressourcen aus, als ob sie nach wie vor physikalisch mit dem Netz verbunden wären.

Von einem Netz zum anderen

Es gibt bereits Schulen, die aufgrund ihres Bedarfs nicht nur einen, sondern mehrere Computerräume besitzen (vgl. z.B. Härtl, 1991). Jeder Raum für sich bildet ein LAN. Doch selbst völlig unterschiedliche Netzwerke können verbunden werden: z.B. mit einem Router. Der Router ist in der Netzwerkschicht des OSI-Modells angesiedelt und arbeitet mit logischer Adressierung statt der physikalischen in den einzelnen verschiedenen Netzwerken. Router sind im Prinzip kleine Computer, deren Programme über den optimalen Weg für die Weiterleitung von Datenpaketen entscheiden.

Vom lokalen Netz zum Netz der Netze

Der entscheidende Schritt für eine Schule ist, das LAN an eine weltweite Netzstruktur, ans Internet, anzuschließen. Dies bietet sich dann an, wenn u.a.

  • während des Unterrichts an allen Arbeitsplätzen zugleich im Internet gearbeitet werden soll,
  • Schutzmechanismen gegen das Eindringen ins eigene LAN von außen und gegen den Mißbrauch der einzelnen schuleigenen Arbeitsplätze verwendet werden sollen.

Lösungen mit Router bzw. Proxy-Server mit Cache- und Firewall-Technik bieten sich zur Zeit an und werden bereits erprobt. Ein Proxy-Server (proxy=Stellvertreter) besteht aus einem eigenständigen Programm, das auf einem im LAN eingebundenen Rechner läuft (z.B. auf dem Router). Von den einzelnen Arbeitsplätzen werden die Anfragen nicht an einen anderen Server im Internet geschickt, sondern an den Proxy-Server im eigenen LAN. Dies hat mehrere Vorteile:

  • Nur der Proxy-Server tritt nach außen als Sender und Empfänger in Erscheinung, so daß
    • eine „Schutzmauer“ (Firewall) zum eigenen LAN definiert werden kann und
    • die einzelnen Arbeitsplätze keine IP-Adressen benötigen, sondern nur der Proxy-Server;
  • des öfteren benötigte Daten stehen bereits im Speicher (Cache) des Proxy-Servers zur Verfügung und müssen nicht erst erneut abgerufen werden.

In den folgenden Beiträgen werden unterschiedliche Realisierungsmodelle dieser Vernetzungen vorgestellt.

Bernhard Koerber
Freie Universität Berlin
ZI Fachdidaktiken – SE Datenverarbeitung
Habelschwerdter Allee 45
14195 Berlin

E-Mail: koerber@compuserve.com


Literatur

  • Becker, K.-H.: AppleTalk-Netzwerke in Theorie und Praxis. In: LOG IN, 11 (1991), H. 6, S. 18-22.
  • Böttcher, J. u.a.: Schulen ans Netz – Ein Überblick über den Zugang zum Internet aus technischer Sicht (Technikbericht). Dillingen: 1997.
  • Härtl, H.: UNIX und DOS in einem Netz. In: LOG IN, 11 (1991), S. 23-26.
  • Wessels, H.: Vernetzung von Rechnern in Schulen. In: LOG IN, 11 (1991), H. 6, S. 9-12.