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LOG IN: 17 (1997) Heft 2
Geschichte

Die rechnenden Zähne

Der Mathematiker und Physiker Blaise Pascal

Zu den technischen Kostbarkeiten des Mathematisch-Physikalischen Salons im Dresdner Zwinger zählt eine „Pascaline“. Es handelt sich dabei um eine jener mit Zahnrädern arbeitenden Rechenmaschinen, die der französische Mathematiker und Physiker Blaise Pascal (1623-1662, vgl. Bild 1) bereits im Alter von neunzehn Jahren konstruierte und von denen er innerhalb von zehn Jahren 50 weitere verbesserte Exemplare hergestellt hat. Zwar wies die Funktionssicherheit der Pascalschen Rechenmaschine etliche Mängel auf – ihr Konstruktionsprinzip diente jedoch auch nachfolgenden Erfindern noch lange Zeit als Vorbild.

Seinen ersten Unterricht erhielt der am 19. Juni 1623 in Clermont-Ferrand geborene Blaise Pascal von seinem Vater, einem mathematisch hochgebildeten Steuerbeamten. Schon als Kind überraschte Blaise Pascal mit seinem mathematischen Talent die im väterlichen Hause sich wöchentlich zum wissenschaftlichen Gespräch treffenden Naturforscher.

Schon während seines frühzeitig begonnenen Studiums der Mathematik, Physik und Philosophie trat der siebzehnjährige Blaise Pascal im Jahre 1640 mit seiner ersten Veröffentlichung hervor. In einer Abhandlung über Kegelschnitte formulierte er unter anderem den Pascalschen Satz und wandte das nach ihm benannte Pascalsche Zahlen- dreieck an.

Rechenmaschinemit Zehnerübertrag

Die Anregung zum Bau einer mechanisch arbeitenden Addiermaschine beruhte (vgl. Bild 2) möglicherweise darauf, daß er seinem Vater, der als Steuerverwalter in Nordfrankreich umfangreiche Rechenarbeiten auszuführen hatte, die Arbeit erleichtern wollte. Bei der von ihm 1642 erfundenen Rechenmaschine wandelte Blaise Pascal im Grundprinzip den Uhren- in einen Rechenmechanismus um. Dabei wurde aus dem feststehenden Ziffernblatt der Uhr eine drehbare Ziffernscheibe und aus dem beweglichen Uhrzeiger ein feststehender Zeiger. Zur Darstellung der Werte von 0 bis 9 der Ziffernstelle einer Dezimalzahl dienten Zahnräder mit zehn Zähnen. Bei dieser Maschine wurden die Einer, Zehner, Hunderter usw. nacheinander eingegeben. Somit war für jede Ziffernstelle ein Zahnrad mit zehn Zähnen erforderlich. Von diesen zehn Zähnen war jeweils der zehnte Zahn länger, der dann in das nächststellige Rad einhakte und auf diese Weise den Übertrag vermittelte. Das Rechnen führten bei dieser nur für Additionen und Subtraktionen geeigneten Maschine folglich Zahnräder aus.

Bis in das zwanzigste Jahrhundert hinein wurde das über dreihundert Jahre alte Pascalsche Grundprinzip eines automatisierten Zehnerübertrages zum Beispiel bei mechanischen Bürorechenmaschinen und elektromechanischen Gesprächs- bzw. Gebührenzählern in nachrichtentechnischen Vermittlungsstellen angewandt.

Pa und PASCAL

Der nicht nur als Mathematiker begabte Pascal befaßte sich ebenso erfolgreich mit physikalischen Fragestellungen. In Erweiterung der Luftdruckversuche des italienischen Physikers Evangelista Torricelli (1608-1697) führte Pascal barometrische Experimente zur Untersuchung des atmosphärischen Druckes durch. Die dabei gewonnenen Erfahrungen faßte er 1653 in der Arbeit „Abhandlung über den Luftdruck“ zusammen.

Als gleichermaßen bedeutungsvoll erwiesen sich Pascals Forschungen auf dem Gebiet der Hydrostatik. In seinem Werk „Abhandlung über das Gleichgewicht der Flüssigkeiten“ formulierte er das Grundgesetz der Hydrostatik, später als „Pascalsches Gesetz“ bezeichnet, und entwarf die nach ihm benannte „Pascalsche Waage“.

Als Folge seiner Hinwendung zu theologisch-philosophischen Betrachtungen trat Pascal 1656 in ein Kloster ein. Erst neununddreißig Jahre alt starb Blaise Pascal am 19. August 1662 in Paris.

Ihm zu Ehren wurde im Internationalen Einheitensystem als Maßeinheit für den Druck das Pascal (Pa) festgelegt. Den Namen des berühmten Mathematikers und Physikers trägt auch die problemorientierte Programmiersprache PASCAL, die als eine Weiterentwicklung der von C.E.T. Fröberg und T.E. Ekman 1960 geschaffenen synthetischen Sprache ALGOL entstand und 1972 von N. Wirth formuliert wurde.

Der Zufall wollte es im übrigen, daß im Geburtsjahr Pascals der deutsche Gelehrte Wilhelm Schickard (1592-1635) bereits die erste mit Zahnrädern und Zehnerübertrag arbeitende Rechenmaschine gebaut hatte (vgl. auch LOG IN, 1’97, S.75).

Gerhard Weinreich

Bildnachweis:E.P. Vorndran, „Entwicklungsgeschichte des Computers“, Berlin u.a.: VDE-Verlag, 21986.