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LOG IN: 17 (1997) Heft 2 Editorial


Im Netz verfangen

von Bernhard Koerber

Die Zeit der isoliert in einem einzigen Raum stehenden Schulrechner ist endgültig vorbei. Das „Computerkabinett“ im alten Sinne hat ausgedient. Der Traum von der „Innerhaus-Vernetzung“ eines gesamten Schulgebäudes gewinnt erste Konturen. Zwei Faktoren haben dies bewirkt:

  • Einerseits sind vernetzte Computer längerfristig – aufgrund des Teilens der Ressourcen – kostengünstiger zu betreiben. Und dies sehen mittlerweile auch Schulträger ein.
  • Andererseits ist Unterricht mit Computereinsatz unkomplizierter über ein lokales Netz – aufgrund der einheitlichen Struktur der einzelnen Arbeitsplätze und des Zugriffs auf gemeinsame Informationsquellen – vorzubereiten und durchzuführen. Und dies sehen auch mittlerweile die eingefleischtesten Individualisten ein.

Ein dritter Faktor ist seit letztem Jahr hinzugekommen:

  • Bei der Initiative „Schulen ans Netz“ ist deutlich geworden, daß die Anbindung einer Schule an weltweite Netze nur über ein lokales Netz führen kann, sofern im Regelunterricht online gearbeitet werden soll.

Wer diese Zeitschrift schon seit längerem liest, wird wissen, daß bereits vor zehn Jahren, und zwar im Heft 3’87, das Thema „Rechnerbeschaffung“ behandelt wurde. Danach war das Heft 6’91 dem Thema „Rechnernetze“ gewidmet. Beide Themen führen zum vorliegenden Heft. Aber sie verführen auch dazu, nunmehr nachzufragen, was sich denn in der Zwischenzeit in den Schulen geändert haben könnte. In beiden damaligen Heften ist festgestellt worden, daß Rechnerbeschaffungen für Schulen unter bestimmten Schwierigkeiten leiden:

  • Es bestehen keine hinreichend klaren Vorstellungen über den Einsatzzweck.
  • Der Umfang der Nutzung wird nicht richtig eingeschätzt.
  • Die Langfristbindung einer Anfangsbeschaffung wird unterschätzt.
  • Entscheidungen werden meist ohne Berücksichtigung der wahrscheinlichen Nutzungsdauer getroffen.
  • Die Arbeitsbedingungen für Schüler und Lehrer werden nicht hinreichend berücksichtigt.
  • Entscheidungen werden mit einer zu schmalen Marktkenntnis getroffen, und
  • Entscheidungen werden ohne ausreichende Kenntnis der Entwicklung der Informationstechnik, ihrer Anwendungen und vor allem unter falscher Einschätzung der Entwicklungsgeschwindigkeit getroffen.

Mein Eindruck ist, daß die Lage heutzutage kaum von derjenigen der Vergangenheit abweicht. Im Gegenteil – es ist zu beobachten, daß die für Bildung zuständigen Politiker resigniert haben und die von ihren Entscheidungen abhängigen Haushalte nur noch unter der Hoffnung zur „public private partnership“ aufgestellt werden. Doch das bedeutet, daß ein neues Problem auftaucht:

  • Das Primat von Bildung und Erziehung in der Schule wird zugunsten kurzfristiger privatwirtschaftlicher Interessen aufgegeben.

An sich ist es eine begrüßenswerte Entscheidung, bundesdeutschen Schulen mehr Kompetenz und Entscheidungsfreiheit auch bei ihren Finanzen zu geben (Stichwort: „Stärkung der Schulautonomie“). Doch gegenwärtig wird damit nur die Verwaltung des Geldmangels an die Schulen delegiert. Die Absicht, Bildung der Wirtschaft und nicht mehr den öffentlichen und damit demokratisch legitimierten Institutionen zu überlassen, macht sich besonders in solch einem kosten- intensiven Bereich wie der „informatischen Bildung“ bemerkbar.

Wenn sich die Schule auch der Industrie und Wirtschaft öffnet, ist dies sicherlich nichts Schlechtes. Deutlich muß allerdings werden, daß pädagogisch begründete Anforderungen die Priorität gegenüber schnellen wirtschaftlichen Erfolgen haben. Doch diese Anforderungen müssen formuliert sein und offensiv vertreten werden. Deshalb ist – statt sich in Passivität zurückzuziehen – immer noch Engagement und Eigeninitiative von allen Lehrkräften gefragt. LOG IN möchte genau dieses unterstützen – trotz aller aktuellen Probleme!

Es geht darum, nach pädagogischen Ideen und didaktisch-methodischen Grundlagen für eine Allgemeinbildung zu suchen, in der Computer als Werkzeug fürs Lösen von Problemen – wie andere Hilfsmittel auch – benutzt werden. Dabei ist mittlerweile klar, daß viele Problemlösungen nicht mehr isoliert, sondern vernetzt im Team angepackt werden müssen – und dies nicht nur innerhalb lokaler oder regionaler, sondern sogar innerhalb weltweiter Kommunikationsstrukturen. Soll die Schule weiterhin ihren Auftrag erfüllen, muß sie den adäquaten Umgang mit diesem Werkzeug ermöglichen, und zwar in gleicher Weise wie beispielsweise mit Büchern. Im folgenden werden dazu Vorschläge gemacht.

Da jedoch die Seitenzahl einer gedruckten Zeitschrift endlich ist, werden im vorliegenden Heft nur einige Aspekte des aktuellen Stands der Vernetzungsmöglichkeiten behandelt. Es sei deshalb auf das Handbuch „Schulen ans Netz“ verwiesen, in dem weitere Lösungen der Anbindung lokaler Netzwerke an weltweite Netze vorgestellt werden.