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20 (2000) Heft 5
Medien mit Hintergrund
Unter dem Begriff "Medien" informiert
die neueste 24-bändige Brockhaus-Enzyklopädie (Band 14 von 1998) zunächst über ein
gebirgiges Hochland im Iran (vom altpersischen "Mada"), diesem Begriff folgen
aber insgesamt zwölf weitere, mit dem Wort "Medien" beginnende Stichwörter,
z.B. "-forschung", "-konzern", "-wissenschaft",
"-politik", "-recht", "-technik" und erfreulicherweise
"-pädagogik". "Medienkompetenz" wird jedoch nicht einmal unter dem
Stichwort "Medienpädagogik" erwähnt dies aber soll kein Hinderungsgrund
sein, dieses Thema hier zu präsentieren.
Unter Medienkompetenz wird gemeinhin die Fähigkeit verstanden, die
neuen Medien und Informationstechniken als Instrument zu nutzen und sie in ihren
Möglichkeiten und Grenzen sachlich begründet einzuschätzen.
Statistiken zeigen, dass Informationstechnik bald flächendeckend in
den meisten Haushalten verfügbar sein wird. Dies gilt aber auch für Fernsehgeräte oder
Videorekorder. Der Umgang mit diesen Werkzeugen ist in der Regel aber kein schulischer
Unterrichtsgegenstand!
Es ist also zu fragen, ob nicht auch die entsprechende Kompetenz im
Umgang mit der Informationstechnik außerhalb der Schule erworben werden kann? Sicher
nicht, denn im Unterschied zu Fernsehgerät und Videorekorder werden PCs in absehbarer
Zeit zu alltäglichen "Wissens-Werkzeugen". Es geht in der Schule nicht nur um
die Vermittlung von Informationstechnik, sondern auch um die Sicherstellung der
entsprechenden Fähigkeiten, den PC zum Wissenserwerb angemessen nutzen zu können.
Allerdings sollte man sich nicht der Hoffnung hingeben, dass Computer
die Mühen des Lernens mildern; die Technik wird denjenigen Schülern kaum helfen können,
die sowieso Schwierigkeiten mit dem Lernen haben. Gelernt werden muss zwar immer weniger
die Fähigkeit, Wissen zu speichern, also auswendig zu lernen, aber immer mehr, es gezielt
zu recherchieren, zu verarbeiten und zu ordnen. Auf den Erwerb grundlegender
Verständnismodelle der Welt (kategoriale Bildung!) kommt es zunehmend an, mit deren Hilfe
dann die Wirklichkeit präziser erschlossen werden kann. Sollen solche Verständnismodelle
brauchbar sein, müssen sie einen hohen Abstraktionsgrad erreichen. Damit wird das zu
lernende Wissen noch abstraktere Formen annehmen müssen als heute schon.
Daher muss auch der erfolgreiche Abschluss des "Förderprogramms Neue Medien in der
Bildung Lehr- und Lernsoftware" bezweifelt werden, mit dem das
Bundesministerium für Bildung und Forschung die Entwicklung von multimedialen
Lehr-/Lernangeboten stimulieren möchte. Dass solche Anstrengungen bereits von der
Bundesregierung im Rahmen des "2. DV-Programms" in den Jahren 1971 bis 1975
gefördert wurden, scheint vergessen worden zu sein, sodass der Beitrag von Ulrich Bosler
mit dem Titel "Entwicklung von Unterrichtssoftware oder die vergessenen
Erfahrungen" aus dem LOG IN Heft 5/6 des Jahres 1986 (!), S. 17-19, nahezu wörtlich
heute wieder abgedruckt werden könnte.
Was aber sind die Alternativen, um tatsächlich eine nachhaltige Wirkung zu erzeugen, die
den immer wieder zitierten "Herausforderungen" des Computereinsatzes gerecht
werden? Die Antwort lautet: Dies kann nur durch eine gründliche, auf didaktische Konzepte
gestützte Bildung erreicht werden. Damit kann das Wissen über Zusammenhänge und vor
allem Hintergrundwissen erzeugt werden, das über den Tag hinaus reicht und zugleich das
"Lernen des Lernens" ermöglicht. Mit diesem Heft soll ein Beitrag dazu
geleistet werden.
Hannes Gutzer
Bernhard Koerber
Jürgen Müller
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