LOG IN 20 (2000) Heft 1
EDITORIAL
Schwarze Kunst im Internet
Als Gutenberg vor 550 Jahren mit den von
ihm geschaffenen beweglichen Lettern eine Revolution in den Verbreitungsmöglichkeiten von
Informationen auslöste, ahnte er sicherlich nicht, dass er damit der "Mann des
Jahrtausends" würde. Und seine Zeitgenossen ahnten es erst recht nicht. Gutenbergs
Erfindung hat die zeite Hälfte des letzten Jahrtausends ebenso verändert, wie vermutlich
am Anfang dieses neuen Jahrtausends das Internet die gegenwärtigen Möglichkeiten des
Informationsaustausches verändern wird.
Zum Informationsaustausch gehören jedoch immer zwei Partner: Der Eine
bietet Information an, der Andere nimmt sie auf. Der Internet-Dienst "World Wide
Web" ist mit einer derartigen Fülle von Informationsangeboten durchsetzt, sodass der
Spruch "Wir informieren uns zu Tode" seine Berechtigung haben könnte. Aber auch
dies sind Befürchtungen, die bereits seit der Erfindung Gutenbergs bestehen: So meinte
Denis Diderot (1713-1784), der bekanntlich mit Jean Le Rond d'Alembert die 35-bändige
"Encyclopédie, ou Dictionaire raisonné des sciences, des arts, et des
métiers" herausgab: "Die Druckerpresse, die niemals stillsteht, wird riesige
Gebäude mit Büchern füllen, in denen Leser gar nicht mehr viel lesen werden. [...]
Letztlich wird die Welt des Lernens - unsere Welt - in einem Meer von Büchern
ertrinken." Was hätte Diderot erst formuliert, wenn er das Internet gekannt hätte?
Zum Glück kannte er noch keine Computer!
Denn mit der Entwicklung der Informations- und Kommunikationstechnik geht
auch eine neue Revolution der Gutenbergschen Schwarzen Kunst einher. In LOG IN können
diese Entwicklungen im Übrigen mitverfolgt werden: im Heft 4'83 das Thema
"Textverarbeitung" und im Heft 2'90 das Thema "Desktop Publishing im
Unterricht", sodass das vorliegende Heft in gewisser Weise eine Fortsetzung dieser
Themen darstellt.
Bereits in der 1995 erschienenen Vorstudie zur bundesweiten Initiative
"Schulen ans Netz" wird neben anderen Zielen das Ziel "Publizieren im
Netz" für den allgemein bildenden Unterricht gefordert und festgestellt, dass das
Anfertigen und Bereitstellen von Informationsangeboten für Andere insbesondere durch die
weite Verbreitung des WWW an Bedeutung gewonnen habe. Im Einzelnen sollen Schülerinnen
und Schüler
> publikationswürdige Themen identifizieren
> ein Dokument inhaltlich und technisch aufbauen und gestalten,
> die Fähigkeit entwickeln, strukturierte Information auch für Andere
bereitzustellen,
> die Fähigkeit entwickeln, Information so aufzubereiten, dass Andere so gezielt
auswerten können,
> Kenntnis über die Präsentationsmöglichkeiten von Texten, Stand- und Laufbildern
sowie von
audio-visuellen Informationen in Netzen erlangen sowie
> gegebenenfalls Metasprachen zum Aufbereiten von Publikationen lernen.
Wie bei Büchern und anderen Veröffentlichungen sind
Inhalt und Design der Informationsangebote auch im Internet die tragenden Säulen. Den
publikationswürdigen Inhalt muss ein jeder selbst bestimmen, aber die Entwicklung eines
guten Designs kann jeder lernen. Anregungen hierfür sollen in diesem Heft gegeben werden.
Bernhard Körber
Ingo-Rüdiger Peters
Jürgen Müller
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