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LOG IN: 17 (1997) Heft 1 Editorial


Chancen und Mythen

von Jürgen Müller

Vernetzung, Integration und Interaktivität – diese kurze Definition des Begriffes Multimedia umfaßt neue bzw. erweiterte Möglichkeiten, die für sich und in ihrer Kombination die Anwendungsbreite des Informations- und Kommunikationsverhaltens erheblich steigern.

Die Vernetzung von Computersystemen, insbesondere über das Internet, ermöglicht den Zugang zu weltweit gespeicherten Informationen. Integration drückt die Möglichkeit der zeitgleichen Zusammenführung der verschiedenen Ausdrucksformen Text, Grafik, Bewegtbild und Ton in einem Medium aus. Und es kann jeder zugleich Empfänger und Sender von Informationen werden; also interaktiv wirken.

Und selbstverständlich wirken sich die multimedialen Techniken in vielfältiger Weise auf Bildung und Ausbildung aus. Die Themenbeiträge im vorliegenden Heft zeigen Möglichkeiten multimedialen Lehrens und Lernens auf und geben Anregungen für fächerübergreifenden Unterricht.

Aber bei aller Euphorie: Multimedia darf nicht als ein Allheilmittel oder als eine Technik verstanden werden, die eine mühelose geistige Aufnahme, Speicherung und Verarbeitung von Informationen in Text, Bild, Ton, Film und Grafiken ohne eigenes Nachdenken ermöglichen soll.

Professor Klaus Ring, Geschäftsführer der Stiftung Lesen, formulierte in diesem Zusammenhang bez. der Konsequenzen, die sich im gesellschaftlichen Wandel zur Kommunikationsgesellschaft ergeben: „Dieser Wandel wird sich auf das Leben der Menschen unmittelbar auswirken bis auf die Entwicklung unserer Sprache und damit unserer Denkweisen. Unser kommunikatives und soziales Verhalten werden sich daran anpassen. Mehr noch als früher werden die Schlüsselqualifikationen in der Arbeitswelt der Zukunft sprachliches Ausdrucksvermögen, intellektuelle Beweglichkeit, Urteilskraft und Entscheidungsfähigkeit, also geistige Selbständigkeit sein. Diese Qualifikationen bilden sich mit der Entwicklung von Sprachvermögen und Lesefähigkeit aus. Der Grad unserer Bildung bestimmt die Möglichkeiten, mit den Medien schöpferisch umzugehen und Nutzen aus ihnen zu ziehen, nicht umgekehrt.“

Die Verwendung von multimedial gestaltetem Unterrichtsmaterial wird nicht von vornherein und in jedem Fall eine höhere Lernwirksamkeit als andere Methoden der Wissensvermittlung garantieren. Aus Untersuchungen ergibt sich, daß Multimedia-Lernkurse „eher für die Vermittlung von Faktenwissen (weniger von Strukturwissen) und eher für elaborierende Aufgaben (weniger für Problemlöseaufgaben) geeignet“ erscheinen (TAB-Studie „Multimedia“ vom Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag, S. 172).

Nach den bisherigen Erkenntnissen ist Multimedia sehr gut geeignet für fächerverbindendes Lernen und für projektorientiertes Arbeiten. Die unterrichtspraktischen Beiträge in diesem Heft über das Projekt GALILEO oder die Videodigitalisierung im Sportunterricht machen das deutlich.

Auch wenn gesicherte Erkenntnisse über die tatsächliche Qualität der Lernförderung durch Multimedia noch fehlen, ist unverkennbar, daß Multimedia ein großes Potential an Chancen für die Schule bietet. Das Lerntempo ist bei multimedialem Unterrichtsmaterial individuell wählbar, das Lernen wird weniger orts- und zeitabhängig, Multimedia fördert Selbständigkeit und Selbstverantwortung.

Nach den bisherigen Erkenntnissen ist Multimedia sehr gut geeignet für fächerverbindendes Lernen und für projektorientiertes Arbeiten. In der schon angeführten TAB-Studie Multimedia wird daher erwartet, „daß Multimedia den Erziehungs- und Bildungsauftrag der Schulen in vierfacher Hinsicht unterstützt:

  • Förderung der Sachkompetenz durch Lernen in Sinn- und Sachzusammenhängen
  • Förderung der Methodenkompetenz durch lernergesteuertes Lernen
  • Förderung der Sozialkompetenz durch Gruppenarbeit am Multimedia-PC, insbesondere etwa bei Informationsaufnahme und -austausch über das Internet
  • Stärkung des Lernorts Schule gegenüber den vielen ,heimlichen` Lernorten im alltäglichen Umfeld der Schüler.“

Allerdings soll nicht übersehen werden, daß den Schulen häufig die Infrastruktur fehlt; ein Multimedia-Arbeitsplatz kostet derzeit ca. 5000 DM. Neue Finanzierungsimpulse sind nötig. Und es fehlt noch weitgehend multimediales Lehr- und Lernmaterial. Lehrstoff didaktisch ansprechend und mediengerecht aufzubereiten, ist keine einfache Aufgabe.

Die multimedialen Techniken berühren eine Vielzahl unterschiedlicher, miteinander verflochtener Disziplinen, primär aus dem weiten Bereich der Informatik und der Telekommunikation. Im Informatikunterricht wird man darauf inhaltlich und methodisch reagieren müssen.

Aber nicht nur die technischen Aspekte des Einsatzes von Informationstechniken und seine Auswirkungen gehören in den Unterricht an allgemeinbildenden Schulen. Auch angrenzende Disziplinen wie Recht, Ökonomie, Sozialwissenschaften, Marketing, Management oder auch Ergonomie sollten einbezogen werden. Mit dem Beitrag zur Telearbeit (S.58-64) wird gezeigt, wie solche Themen im Rahmen der Grundbildung gestaltet werden können.