Buchvorstellungen aus LOG IN 19 (1999) Heft 2

Quelle: LOG IN 19 (1999)  Heft 2

Babbage, Charles: Passagen aus einem Philosophenleben. Berlin: Kadmos Verlag, 1997. ISBN 3-931659-07-0. 344 S.; DM 54,-.

Ein 1864 erstmals erschienenes Buch wurde an dieser Stelle vermutlich noch nicht besprochen. Doch die Erinnerungen dieses Com-puterpioniers des vorigen Jahrhunderts sind noch heute lesenswert – vor allem aufgrund Babbages pragmatischer Sichtweise. Er war sich bewußt, daß der Bau seiner Diffrenzmaschine ein Vermögen kosten würde und stellte sich deshalb ganz bewußt Fragen: Wie lassen sich die Kosten senken? Welche Anwendungen rechtfertigen die trotzdem nötigen ungeheuren Summen? Wo bekomme ich das viele Geld her?
    Aufgrund ökonomischer Erwägungen kam er zuerst zu dem Schluß, beim Bau einer Rechenmaschine (a) auf Multiplikation und Division zu verzichten, weil diese Rechenarten zu aufwendig sind, (b) mehrere Rechnungen nacheinander auszuführen. Eine Anwendung dafür fand er in der Berechnung nautischer Tabellen. Die Tafeln, die Babbages Maschine erstellen sollte, gab es schon. Allerdings enthielten sie eine Fülle von Fehlern. Die Anzahl der Fehler in den vorhandenen Tafelwerken – und wie von einer korrigierten Auflage zur nächsten immer neue auftauchen – zitiert Babbage genüßlich aus dem „Nautischen Almanach“. Diese Fehler wurden allein durch Vergleich mit den Originalmanuskripten ermittelt. Es handelte sich dabei ausschließlich um Übertragungsfehler. Der Nutzen seiner Maschine sollte also allein in der Verhinderung von Übertragungsfehlern liegen! Zu diesem Zweck sah er in seinen Plänen zur Differenzmaschine vor, „daß die Maschine, die die Tafeln berechnete, sie auch in Drucktypen setzte oder aber eine Matrize lieferte, mit deren Hilfe Druckplatten gegossen werden konnten.“ Der praktische Nutzen der Differenzmaschine hing also – wie bei den meisten heutigen Personalcomputern – vom Vorhandensein eines Druckers ab!

    Aus dem gleichen ökonomischen Ansatz entwickelte er mit seinen Entwürfen zur Analytischen Maschine Ideen wie Trennung von Hard- und Software („Operator-Karten“), von Programm und Daten. Auf S. 94 findet sich sogar die Urform der Schnittstelle des Unterprogrammaufrufs: „Es gibt mechanische Vorrichtungen, um die Operator-Karten je nach Erfordernis zum Einsatz zu bringen oder zurückzulegen. Des weiteren existieren Mittel, um die Bedingungen auszudrücken, unter welchen diese Prozesse in Kraft treten sollen. Es ist dabei nicht einmal nötig, daß lediglich zwei verschiedene Vorgehensweisen möglich sind; eine beliebige Anzahl von Vorgehensweisen kann zur gleichen Zeit möglich sein, und die Wahl kann von einer beliebigen Anzahl von Bedingungen abhängig sein.“ Ein Stapel Operator-Karten, der immer wieder herangezogen und zurückgelegt wird, ist ein schönes, anschauliches Bild für ein Unterprogramm.
    Mit seinen Leistungen als Computerpionier ist der Inhalt von Babbages Erinnerungen keineswegs erschöpft. Der Bau von Rechenmaschinen war nur ein winziger Teil seiner Interessen. Über die nicht ohne eine gewisse Selbstgefälligkeit ausgeführte Darstellung seiner wissenschaftlichen Leistungen hinaus sind Babbages Erinnerungen ein buntes Kaleidoskop seiner Zeit.
Leider streift er seine ökonomischen Forschungen, die schon von Karl Marx bei der Abfassung des Kapitals verwendet wurden, nur kurz. Babbages Hauptthese (S.302): „Auch beim Vorliegen eines absoluten Monopols wird der Monopolist im wohlverstandenen Eigeninteresse den von ihm hergestellten Artikel zu exakt demselben Preis verkaufen, den der freieste Wettbewerb hervorbrächte.“ Für uns ist die Wahrheit dieser These von geradezu existentieller Bedeutung. Ein halbes dutzend konkurrierender inkompatibler Betriebsysteme ist keine Lösung. (Wie sollten z.B. im Informatikunterricht verschiedene Betriebsysteme behandelt werden?) – Wem angesichts des Wirkens von Bill Gates die These von Babbage absurd erscheint, möge sich die Frage stellen, ob die Idee, statt dessen auf von Computerfreaks entwickelte kostenlose Software zu setzen, nicht noch absurder ist.

Hans Belde



Krämer, Sybille (Hrsg.): Geist, Gehirn, künstliche Intelligenz – Zeitgenössische Modelle des Denkens. Ringvorlesung an der Freien Universität Berlin. Berlin; New York: Walter de Gruyter, 1994. ISBN3-11-012991-4. 292 S.; DM 34,-.

Bereits in LOG IN Heft 3’92, S. 5-7, wurde die Universitätsvorle-sung „Geist – Gehirn – Künstliche Intelligenz“, die in diesem Buch dokumentiert ist, ausführlich besprochen. Selten haben sich zu einer so anspruchsvollen fächerübergreifenden Veranstaltung deutsche

Wissenschaftler, die auf ihrem Gebiet führend sind, zusammengefunden. Der Herausgeberin des vorliegenden Sammelbandes und Initiatorin der Universitätsvorlesung, Sybille Krämer, ist es gelungen, das Thema aus vier Disziplinen beleuchten zu lassen: philosophisch, kognitionswissenschaftlich, physiologisch und technisch. Um die Fülle des Materials deutlich zu machen, seien hier die einzelnen Titel der Beiträge aufgeführt:

Mit diesem Band, so betont die Herausgeberin im Vorwort, soll ein Bewußtsein der Komplexität und der Kompliziertheit der Forschungen über den Geist vermittelt und ein Plädoyer dafür gehalten werden, an die Stelle einer vorschnellen Einheitstheorie des Geistes eine Vielfalt möglicher Perspektiven bei der Beschreibung von „Geist“ treten zu lassen. Dies ist aus der Sicht des Rezensenten durch jeden Beitrag hervorragend gelungen, ohne in unverständliche Fachbegriffe abzugleiten – zum Thema des vorliegenden LOG IN die beste Ergänzung!                           

Bernhard Koerber

 

Buchvorstellungen aus LOG IN 19 (1999) Heft 1

3815503019_m.gif (13826 Byte)Jörg Schieb, Mirko Müller:
Das Windows 98 Buch

Quelle: LOG IN: 19 (1999) Heft 1

Düsseldorf u.a.: SYBEX-Verlag, 21999. ISBN 3-8155-0301-9. 1301 S.; DM 49,95 (inkl. CD-ROM).

Im ausgehenden Jahrtausend erwartet uns bereits Windows 2000. Was soll da noch das alte Windows 98? Wer die Schulwirklichkeit kennt, weiß, daß Kolleginnen und Kollegen glücklich sind, wenn sie Rechner in der Schule haben, die mit diesem System laufen – oder besser: überhaupt ordentlich laufen. Der Rezensent möchte deshalb auf ein Buch aufmerksam machen, das vor kurzem in einer 2., stark erweiterten Auflage erschienen ist, und das in seinem Preis-Leistungs-Verhältnis einzigartig ist.

Der Hauptautor des Buches, Jörg Schieb, ist einer der zur Zeit bekanntesten Computerbuch-Autoren; darüber hinaus präsentiert er jeden Freitag im WDR-Fernsehen („Aktuelle Stunde“, ab 19.00 Uhr) Neuigkeiten aus der Computerwelt. Zusätzlich bietet er unter der URL http://www.schieb.de Ergänzungen zu seinen Veröffentlichungen und seiner journalistischen Arbeit. Mit dem vorliegenden Buch hat er ein Nachschlagewerk geschaffen, das bei keinem Windows-Anwender fehlen sollte. Alleine das Inhaltsverzeichnis umfaßt 33, das Stichwortverzeichnis 47 Seiten. Die dem Buch beigefügte und im Preis enthaltene CD-ROM bietet einige zusätzliche nützliche Tools für Windows 98, z.B. neben einem Bildkatalogisierungsprogramm Tools zur einfachen Bearbeitung – und vor allem Bereinigung – der Registry-Datei.

Generell haben die Autoren das Nachschlagewerk in einer verständlichen Sprache verfaßt und – soweit es der Platz erlaubt hat – nicht auf die Vermittlung von Hintergrundwissen verzichtet. Dies zeichnet das Buch vor allem gegenüber anderen Büchern dieser Art aus, für die im Grunde nur die von Microsoft zur Verfügung gestellten Systeminformationen abgeschrieben wurden. Ein solches umfassendes Werk jedoch in seinen Einzelheiten zu rezensieren, ist unmöglich. Zwei Beispiele müssen deshalb genügen, um einen Eindruck zu gewinnen.

Beispiel 1: Es gibt Probleme beim Systemstart von Windows – was ist zu tun? Ab S. 106 werden kurze, aber präzise Ratschläge gegeben, insbesondere Informationen zum Start mit Einzelbestätigung, bei dem das Problem Schritt für Schritt eingekreist werden kann.

Beispiel 2: Zum Begriff „Fehler“ gibt’s im Stichwortregister 6 Untereinträge und 5 weitere Haupteinträge, darunter „Fehlerbehebung“. Für das letztgenannte Stichwort werden drei Seitenhinweise angegeben: Der erste Hinweis (S. 637) führt zu einem Abschnitt über den Assistenten zur Hardware-Fehlerbehebung; dort wird u.a. „Dr. Watson“ vorgestellt – ein nützliches Werkzeug, das aber nur wenige kennen. Wie man Problemen mit dem Systemkonfigurationsprogramm auf den Grund geht, wird ebenso dargestellt wie die Handhabung des Versionskonflikt-Managers. Beim zweiten Seitenhinweis (S. 822) geht es darum, Hardware-Profile eindeutig und fehlerunanfällig zu definieren. Der dritte Hinweis (S. 999) führt zur Ratschlägen, wie Modems so weit wie möglich fehlerfrei konfiguriert werden können und welche Hilfen dafür zur Verfügung stehen.

Das einzige, was der Rezensent in dem Buch vermißt hat, ist die Beantwortung der Frage, weshalb es denn nach diesem hervorragenden Windows 98 unbedingt Windows 2000 geben muß.

koe

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Torsten Horn:
Internet, Intranet, Extranet – Potentiale im Unternehmen

Quelle: LOG IN: 19 (1999) Heft 1

München; Wien: Oldenbourg Verlag, 1999. ISBN 3-486-25129-5. 428 S.; DM 88,-.

Internet bedeutet mittlerweile mehr als nur E-Mail-Anschluß und Präsenz im WWW – wie ja auch dem Thema dieser Ausgabe von LOG IN zu entnehmen ist. Treibende Kraft zur Erweiterung der Möglichkeiten ist gegenwärtig nicht mehr das Militär (von dem das Internet als ARPAnet bekanntlich zuerst entwickelt wurde) oder die Wissenschaft, sondern die Wirtschaft. Deshalb wendet sich der Autor dieses Buches im Untertitel primär an Wirtschaftsunternehmen: „Auch kleinere Unternehmen müssen sich mit [den] Potentialen [des Internet] auseinandersetzen, um konkurrenzfähig zu bleiben – die Zukunft vieler Firmen wird sich im Internet entscheiden“, heißt es im Klappentext.

Für Schulen, die mehr und mehr in eigene Verantwortung entlassen werden – was vorwiegend bedeutet, den Streit über die noch geringer gewordenen Finanzen im eigenen Kollegium auszutragen –, bietet sich durch „Public-Private-Partner- ship“ ebenfalls ein mehr und mehr professioneller Umgang mit den Möglichkeiten des Internet an. Und weshalb sollten Lehrerinnen und Lehrer nicht auch einmal von der Wirtschaft lernen?

Zunächst gibt der Autor die notwendigen Basisinformationen in den ersten vier Kapiteln (81 Seiten): 1. Was macht die Faszination des Internets und Intranets aus? 2.Was ist WWW, Internet und Extranet? 3. Einfache Internet-Nutzung, Internet-Dienste, WWW; 4.Internet-Provider. Ab Kapitel 5 wird’s praktisch (183 Seiten): 5.Web-Präsenz, Einbindung einer Web-Seite ins Internet; 6. Erstellung von Web-Seiten und Einbindung im Server; 7. Marketing über das Internet; 8. Online Shopping, Electronic Commerce. In den nächsten vier Kapiteln (mit 109 Seiten) wird ein Überblick über weitere Möglichkeiten gegeben, und die zugehörigen technischen Grundlagen werden dargestellt: 9. Internet-Telefonie, Videokonferenz, Application Sharing, Fax; 10. Telekooperation, Fernzugriff, LAN-Kopplung, Extranet; 11. Nutzung des Intranets und Extranets; 12. Intranet-Infrastruktur, Netzwerkstruktur. Das 13. Kapitel ist der „Sicherheit im Netz“ (24 Seiten) gewidmet. Darüber hinaus wird das Buch mit einer kleinen Sammlung von Adressen und Internet-URLs, Literaturhinweisen, einem ausführlichen Glossar (über 40 Seiten) und einem detaillierten Index abgerundet. Der Autor nutzt zugleich die Vorzüge des Internet und stellt dort einerseits das Inhaltsverzeichnis mit ständig aktualisierten Internet-Adressen zum Buch und andererseits Ergänzungen und Aktualisierungen des Glossars zur Verfügung (http://www.oldenbourg.de/cgi-bin/rotitel?T=25129).

Dem Text des Buches merkt man (positiv) an, daß der Autor ein gestandener Praktiker sein muß. Er bewältigt das mittlerweile sehr umfangreiche Themengebiet mit klaren, verständlichen Worten in einer übersichtlichen Strukturierung. An allen Stellen, die dies erfordern, werden hilfreiche Hinweise zur praktischen Umsetzung gegeben. Um beispielsweise Planungen und Organisation der Web-Präsenz zielgerichtet durchführen zu können, gibt der Autor entsprechende Checklisten vor (S. 83 f. und S. 176 ff.). In den beiden Kapiteln über Intranet und Extranet (Kapitel 11 und 12) führt der Autor wieder sehr verständlich in die zugrundeliegenden Vor- und Nachteile sowie in die Organisationsstrukturen und die Technologie ein, wobei er auch die Probleme beim Betrieb nicht verschweigt.

Aktuelle rechtliche Aspekte finden im Buch ebenfalls ihren Niederschlag (im Kapitel 7 mit vier Druckseiten). Selbst für erfahrene Internetkenner dürfte das 13. Kapitel über die Sicherheit im Netz noch einiges Neue an praktischen Hinweisen bringen. (Wer weiß schon, was „Man-in-the-Middle“ ist und wie man diesen Hackerangriff bekämpft?) Doch auch hier ist der Autor Realist: „Absoluten Schutz gegen Einbrüche in das eigene Netzwerk von außen gibt es nicht“ (S. 347).

Zusätzlich werden in allen Kapiteln Internet-Adressen angegeben, bei denen weitergehende Informationen zu erhalten sind. Diese Hinweise werden unter der o.g. URL vom Autor ständig aktualisert.

Das Fazit: Das vorliegende Buch ist zum einen für alle diejenigen sehr empfehlenswert, die konkrete Einstiegshilfen erwarten, und zum anderen ein Kompendium für alle erfahrenen Nutzer, die zum Nachschlagen bei Einzelproblemen sich zunächst eine fundierte Übersicht verschaffen wollen. Wer täglich mit dem Thema zu tun hat, sollte sich diese Buch beschaffen.

koe