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LOG IN 21 (2001) Heft 5/6

Editorial

 

Multimedia mit Hintergrund

    An der massiven Bilderflut, die sich von den Leinwänden der Kinos, den Fernsehmonitoren oder aus Zeitschriften über uns ergießt, hat auch die Informatik ihren Anteil. Filme oder Bilder werden von Computern erzeugt oder mit ihnen bearbeitet. Die reale Welt wird damit „nachgebessert“ – oder man verzichtet ganz auf sie, wie abendfüllende Spielfilme, z.B. „Toy-Story“ oder „Shrek“, zeigen.
Diese Ausgabe von LOG IN soll Ihnen einen Eindruck von den technischen Möglichkeiten bieten und Anregungen zur Unterrichtsgestaltung in der informatischen Bildung geben.
    Die Teildisziplin der Informatik, die sich mit der Generierung von Bildern auseinandersetzt, ist die „grafische Datenverarbeitung“. oder auch kurz „Computergrafik“. Sie hat sich in den letzten Jahren zu einer eigenständigen Forschungs- und Lehrdisziplin entwickelt und wird mittlerweile auch an den Universitäten in der Bundesrepublik Deutschland durch etwa 30 Hochschullehrer nahezu flächendeckend vertreten.
Die Computergrafik ist ein Querschnittsgebiet über mehrere Disziplinen hinweg: Die Physik stellt Gesetzmäßigkeiten aus der Optik bereit, die Mechanik wird bei der Modellierung und Animation von dreidimensionalen Animationsszenen herangezogen, die Mathematik erlaubt es, mit affinen Abbildungen und Projektionen zu rechnen. Und natürlich die Informatik, die Methoden zur Realisierung effizienter Algorithmen und Softwarebibliotheken zur Verfügung stellt. So kann die Computergrafik eine anregende Quelle für die verschiedenen Aspekte der informatischen Bildung sein.
Die Computergrafik ist jedoch nicht nur ein interessanter Lehrgegenstand. Sie stellt auch leistungsfähige Unterrichtsmittel zur Verfügung. Traditionelle Lehrfilme oder Experimente können durch interaktive Vorführungen und virtuelle Experimente ergänzt werden, bisher statisch präsentierter Unterrichtsstoff lässt sich animieren. Und auch die früher für Bildungseinrichtungen oft unbezahlbare Hardware- und Softwareausstattung für anspruchsvolle Computergrafik ist erschwinglich geworden. Multimedia-Notebooks und ultraleichte lichtstarke Videoprojektoren gehören schon in etlichen Schulen zum Ausstattungsstandard.
    Die Nutzung dieser Möglichkeiten im Schulunterricht ist allerdings mit Herausforderungen verbunden: Es müssen durch die Schulträger die finanziellen Mittel bereitgestellt werden, man braucht entsprechendes Lehrmaterial, Lehrerinnen und Lehrer müssen das Erstellen eigener Präsentationen erlernen.
    Im Beitrag „Computergrafik – Bilderwelten“ dieser Ausgabe wird eine Übersicht zur grafischen Datenverarbeitung gegeben. Sie stellt die Systemsicht in den Vordergrund und motiviert daran Konzepte und Methoden.
    Im Artikel „Beleuchtungssimulation – Globale Beleuchtungssimulation in interaktiven virtuellen Umgebungen“ wird eine Methode zur Berechnung fotorealistisch wirkender Bilder erklärt und deren Anwendung in so genannten immersiven virtuellen Umgebungen beschrieben.
Während die Bilderzeugung naturgemäß Aufgabe des Rechners ist und die Verfahren einen guten Stand erreicht haben, stellt die Erstellung der Bildinhalte in Form von dreidimensionalen Szenenbeschreibungen, die letztlich Aufgabe des Anwenders ist, nach wie vor ein Problem dar. Im Artikel „Geometrisches Modellieren mit Polygonnetzen“ wird eine Technik zur Erstellung von Szenen vorgestellt, die in den letzten Jahren große Bedeutung erlangt hat.
Eine besondere Herausforderung dreidimensionaler Szenen ist die Modellierung natürlicher Objekte, zum Beispiel von Pflanzen. Das ist das Thema das Beitrags „Grafische Simulation und Visualisierung – Erzeugung komplexer Pflanzen und Landschaften mit dem Computer“. In diesem Aufsatz werden die Möglichkeiten heutiger Modelliersysteme demonstriert, wie sie in computergenerierten Filmen eingesetzt werden.
Die Umsetzung der Forschungs- und Entwicklungsergebnisse aus der Wissenschaft in den Unterricht darf in einer Zeitschrift wie LOG IN natürlich nicht fehlen. Sowohl in der Rubriken „Praxis & Methodik“ und „Grundbildung“ als auch – sehr ausführlich – in der Rubrik „Colleg“ werden von Kollegen aus der Schule bzw. aus der Lehrerfortbildung Unterrichtsvorschläge vorgestellt, die bereits in der Praxis ausgiebig erprobt wurden. Denn mit diesem Heft von LOG IN soll – in Ausschnitten – ein Eindruck davon vermittelt werden, was Computergrafik heute kann und was dahinter verborgen ist. „Multimedia“ – das Wort des Jahres 1995 – wird hier mit Inhalt gefüllt und bleibt damit nicht nur ein Schlagwort. Vielleicht wird dadurch auch die Neugierde geweckt, sich weitergehend mit diesem Thema zu beschäftigen und so Schülerinnen und Schülern einen Hintergrund zu den Bilderwelten vermitteln zu können, mit denen sie tagtäglich umgehen.

Ludger Humbert
Bernhard Koerber
Heinrich Müller
Sigrid Schubert