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[2000]

 


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LOG IN 20 (2000) Heft 6


Lehrer mobil


    Mobiles Computing ist zurzeit das Schlagwort in der Anwenderwelt. Die Medien suggerieren, dass man zu den mehr als 12 Millionen Menschen gehören muss, die einen Organizer, Palmtop, Handheld – oder wie diese kleinen Computer auch immer genannt werden – besitzen: Keinen Termin mehr vergessen, keine Zettelwirtschaft mehr, alles übersichtlich zusammen und immer dabei, wo man sich auch befindet. Internet, E-Mail, nichts ist mehr an den Desktop gebunden, und – so jubeln die Medien auch schon euphorisch – der Desktop ist out, der Palmtop ist in.

    Firmen planen, ihren Mitarbeitern über diese Computer für die Handfläche ("Palm" = Handfläche; zumeist passen sie in die Hosen-,Hemd- oder Jackentasche) Firmendaten jederzeit über ihre Firmennetze zur Verfügung zu stellen, um sie örtlich unabhängiger zu machen.
    Nur eine Berufsgruppe wird wieder einmal vom Fortschritt ausgeschlossen – die Lehrer. Der "stern" schrieb (Nr. 12/2001, S.108): "Goldene mobile Zeiten brechen an – außer für Lehrer, die den digitalen Speicher nur noch mit einem Detektor aufspüren können." Sind die Lehrer wieder einmal zu dumm, um den Computer für jedermann ordentlich bedienen zu können, oder braucht bzw. will diese Berufsgruppe nicht am mobilen Paradies teilnehmen? Da sprechen Politiker vom "Laptop für jeden Schüler" als Grundforderung zur Vorbereitung auf die digitalisierte Wissensgesellschaft und übersehen dabei die Möglichkeit einer preiswerteren Lösung durch den persönlichen digitalen Assistenten (PDA) für jeden Schüler und Lehrer. Wenn denn schon ca. 120000 Entwickler für die PDAs programmieren und Software teilweise kostenfrei, mit Sicherheit aber kostengünstig zur Verfügung stellen, dann wird doch wohl die Schule nicht ausgeschlossen bleiben?

    Zu aller erst müssen aber auch hier vernünftige Konzepte her, die eine Verwendung dieser kleinen Geräte für Lehrer zur Selbstorganisation, für Schüler zur ökonomischen Verwendung aktueller Informationen und für einen möglichen Unterricht sinnvoll machen. Dabei sei eins vorweg genommen: Der Desktop ist damit noch lange nicht out, sondern er bleibt das Herz der Nutzung solcher PDAs, denn PDAs können und sollen den Desktop nicht ersetzen, sondern seine Verwendung sinnvoll ergänzen und eben Mobilität im Computing möglich machen (siehe auch Beitrag "Handheld statt Schreibheft" in diesem Heft, S.36ff.).

    Doch betrachten wir zuerst einmal die Technik: Was ist eigentlich ein PDA? Hier muss unterschieden werden zwischen den tastaturbasierten Systemen, wie sie von HewlettPackard und Psion bevorzugt werden und den stiftbasierten Systemen, wie sie von den Firmen Palm, Visor, Sony, Casio und auch noch einmal von HewlettPackard angeboten werden. Die stiftbasierten Systeme sind kleiner, wobei allerdings eine umfangreiche Sammlung von Zusatzteilen fast zu der gleichen Funktionalität verhilft wie bei den tastaturbasierten PDAs.

    Drei Betriebssysteme konkurrieren um die potenziellen Nutzer: WindowsCE03, PalmOS3x und Epoc(Psion). 63% aller PDAs werden hierzulande vom PalmOS gesteuert, während sich WindowsCE03 mit ca. 27% zurzeit zufrieden geben muss. Das an Psion gebundene Betriebssystem Epoc nimmt den prozentualen Rest ein. Während WindowsCE noch ca. 12 Mbyte ROM benötigt, sind die beiden anderen Betriebssysteme wesentlich sparsamer im Speicherbedarf. Im RAM haben sich freie Speichergrößen von 8 bis 16 Mbyte etabliert. Allen Systemen ist gemeinsam, dass sie Standardanwendungen wie Adress-, Termin-, Aufgaben- und Notizverwaltung bereits im ROM integriert haben – bei Windows CE ist das Office-Paket auf die Mobilversion abgespeckt enthalten. Alle PDAs werden über eine Docking-Station, entweder über die serielle Schnittstelle oder über USB oder gar über die IrDA-Schnittstelle mit dem Desktop verbunden, auf dem dann die (mobilen) Daten stationär gespeichert werden können (siehe Bild oben). Das ist auch zwingend erforderlich, wenn man nicht irgendwann einmal vor inaktuellen oder – noch schlimmer – vor keinen, vorher so mühsam eingetragenen Daten stehen will. Denn oftmals verfügen PDAs über keinen sichernden Zwischenspeicher, und im Falle des Strommangels können schon einmal alle Daten unwiederbringlich verloren gehen. Die IrDA-Schnittstelle sorgt auch für Verbindungen der PDAs untereinander bzw. mit einem Handy, wodurch es beispielsweise möglich ist, E-Mail oder SMS ortsungebunden zu empfangen oder zu versenden. Die Schrifterkennung über genormter Zeichen ("Graffiti") ermöglicht eine verhältnismäßig schnelle Texteingabe, wobei jedoch in der letzten Zeit auch reale Tastaturen (faltbar, um im mobilen Einsatz platzsparend zu sein) eine komfortable Texteingabe ermöglichen.

    Darüber hinaus steht dem Anwender eine schier unendliche Fülle zusätzlicher Applikationen zur Verfügung, oft als Freeware, häufig als Shareware, vielfach als 30-Tage-Versuchs-Version, die dann registriert werden muss, wenn man sie behalten will, weil sie sonst ihre Funktionen einstellt. Als häufigste Zusatz-Anwendung sind Dokumenten-Reader und Dokumenten-Erfasser, die oftmals direkt kompatibel zu MS Word sind, Datenbank- systeme, die über das Standard-CSV-Format universell verwendbar sind, und Kalkulationssysteme, die Exel-kompatibel sind, im Angebot, aber auch Zeit- und Projektverwaltungssysteme, wie auch Programme zur Grafikdarstellung und -verarbeitung, bis hin zu GPS-Ortungs- systemen bzw. Trackingsystemen. Zusätzlich lassen sich mit jedem "HotSync" (das ist die Datensicherung bzw. der Datenabgleich zwischen Palm und Desktop) auch Informationen direkt aus dem Internet auf den PDA laden, die über kostenfreie Browser-Programme in Abhängigkeit des eigenen Speicherplatzes in jeder Tiefe auf dem PDA dargestellt werden können.

    Wie gesagt – die Fülle ist schier unendlich, und der Anwender muss sich entscheiden, welche Funktionalität er seinem PDA zukommen lassen will. Selbst die bisherige Einschränkung beim Speicherplatz scheint nicht mehr aktuell zu sein, werden doch alle modernen Systeme mit Steckplätzen zur Speicheraufrüstung versehen, die zusätzlich auch dazu dienen können, Peripheriegeräte aufzustecken, von der digitalen Kamera, über GPS-Geräte bis hin zu Handy-Modulen.

    Die konsequente Anwendung eines PDA erzwingt beim Benutzer eine nicht zu unterschätzende Disziplin: Ausschließliche Verwendung und tägliche Datensicherung (Synchronisierung) sind Anwenderpflicht, will man wirklich die Vorteile eines PDA nutzen. Erst dann hat man alle notwendigen Informationen an jedem Ort mobil im PDA verfügbar. Er wird zur zentralen Informations- und Sammelstelle, was in herkömmlicher Weise in der Form und Komplexität nicht möglich ist.

    Doch was kann dem Lehrer speziell für seine berufliche Tätigkeit mit einem PDA anfangen? Verfügt er über einen PDA mit dem Betriebssystem Windows CE, so kann er im Prinzip alles damit tun, was auf dem Windows-Desktop auch möglich ist. Heißt das Betriebssystem PalmOS gilt diese Aussage grundsätzlich auch, jedoch sind hier einige – zugegeben sehr einfache – Konvertierungsregeln zu beachten, um auf die Daten mit dem Windows- bzw. Mac-Desktop zugreifen zu können.
    Zu aller erst lassen sich Termin- und Adress-, Aufgaben- und Notiz-Verwaltung im Palm-OS-basierten PDA vom Windows- und Mac-Palm-Desktop, von Microsoft-Outlook, vom Star-Scheduler des Star-Office-Pakets oder von einem Linux-Rechner synchronisieren. Das Palm OS verhält sich also prinzipiell Plattform unabhängig.

    Zusätzlich lassen sich Dokumente in einem Palm-.doc-Format erstellen, die über die entsprechenden Document-Programme wie z.B. Qed, Aportis-Doc, Quickword, CSpotRun problemlos in entsprechende TXT-Formate oder direkt in Word-.doc-Dateien umgewandelt werden können.
    Auch Datenbanksysteme stehen – allerdings in Vollversionen kostenpflichtig – selbst für relationale Datenbanken zur Verfügung. Für Palm OS werden HanDbase, MobileDB, thinkDB und andere angeboten, die vielfältige Möglichkeiten der Datenbankverwaltung bieten. Die Daten werden im PDB-Format (palm data base) abgelegt, wobei allerdings die verschiedenen Datenbanken untereinander nicht kompatibel sind, jedoch alle mit der gleichen Dateiendung geführt werden. Es empfiehlt sich, hier nur ein Datenbanksystem zur Konstruktion von Datenbasen zu verwenden. Eine Windows-Desktop-Version steht dem registrierten Anwender zur Bearbeitung der Daten und zur Konvertierung zur Verfügung. Alle Datenbanken lassen sich aber auch über das CSV-Format ansprechen (Comma Separated Values). Tabellenkalkulationsprogramme wie Quicksheet oder Tinysheet sind ebenfalls Exel-kompatibel, sodass die verschiedensten Tabellen zwischen dem Desktop und dem PDA ausgetauscht werden können. Der Austausch erfolgt grundsätzlich bei jedem HotSync des PDA. Somit stehen dem Lehrer beispielsweise die vielfältigen, aus dem Internet herunter zu ladenden E-Book-Texte im DOC-Format zur Verfügung wie auch zahlreiche Wissensdatenbanken. Solche Quellen sind grundsätzlich kostenfrei. Unter der Adresse http://palmcomputing .palmgear.com/palm/ stehen in der Rubrik "Education" für die verschiedenen Bildungszweige zahlreiche Programme für die Schule zur Verfügung.

    Zensurenlisten, Klassenlisten etc. lassen sich über die Standard-Datenbankprogramme am besten selbst erstellen, um den individuellen Bedürfnissen gerecht zu werden. Derart sensible Daten sind jedoch auch unter dem Aspekt des Datenschutzes zu sehen und unter allen Umständen Passwort geschützt im PDA zu halten. Dabei sind in jedem Falle die entsprechenden Verwaltungsvorschriften zu beachten.

    So erfüllt ein PDA für das tägliche Berufsleben des Lehrers vielfältige Aufgaben: Er kann als Textbuch, Tagesplaner und Kalender, Aufgabenlisten, Wörterbuch für verschiedene Fremdsprachen, Rechner, Notizbuch, Zensurenbuch, Wissensmanager, Projektmanager, Internetmanager, E-Mail und SMS-Client, Wegeplanungssystem mit GPS-Anbindung (bei Ausflügen in unbekannte Gegenden) und universelles und mobiles Informationssystem verwendet werden. Der Kreativität – bei entsprechender Selbstdisziplin der Datenhaltung und Datensicherung – sind kaum Grenzen gesetzt. Das reichhaltige Angebot an Zusatzgeräten vervielfacht die Möglichkeiten eines PDA. Wer sich einmal auf einen PDA eingelassen hat, wird ihn bald nicht mehr missen wollen, weil man eben überall über das verfügen kann, was einem wichtig erscheint.

    Zum Abschluss sei noch hinzugefügt, dass auch dieser Artikel an verschiedenen Orten auf einem PDA geschrieben wurde, und dann von einem normalen Desktop-System übernommen und an die Redaktion weitergeleitet werden konnte.


Kleine Auswahl:
Firmen, Modelle und Preise

Palm
m105, IIIxe, m505 u.a.
350 bis 1000 Mark
http://www.palm.com/de/

Visor
handspring
301 bis 1120 Mark
http://www.handspring.de/

Psion
revo
899 bis 999 Mark
http://www.psion.de/

Compaq
iPAQ
759 bis 1549 Mark
http://www.compaq.de/

Casio
Cassiopeia
999 bis 1299 Mark
http://www.casio.de/

Hewlett Packard
Jornada
ab 999 Mark
http://www.hewlett-packard.de/

 

Ingo-Rüdiger Peters